Krankenhausgesellschaft fordert auskömmliche Finanzierung und Bürokratieabbau
Krankenhausreformgesetz muss erheblich nachgebessert werden
Den Krankenhäusern geht es wirtschaftlich schlecht. Nur noch 7 % aller Krankenhäuser bewerten ihre wirtschaftliche Situation als gut. Grund ist die fortbestehende Finanzierungslücke aus den inflationsstarken Jahren 2022 und 2023. Für die unmittelbare wirtschaftliche Stabilisierung der Krankenhäuser fordert die Hamburgische Krankenhausgesellschaft eine sofortige, noch für 2024 wirksame Erhöhung des Landesbasisfallwerts mindestens bis zur Höhe des Orientierungswertes (6,95%).
Eine auskömmliche Finanzierung muss Ziel und Ergebnis der Reform sein. Derzeit wird dieses Ziel verfehlt, denn die Krankenhausreform trifft hierfür nicht die notwendigen Weichenstellungen. Die Vorhaltevergütung verkompliziert das System weiter und führt weder zu einer gesicherten Finanzierung, noch bewirkt sie die vom Gesundheitsminister vielbeschworene „Entökonomisierung“. Die Vorhaltevergütung braucht einen kompletten Neustart.
Für die mit der Krankenhausreform vorgesehene Einführung von Leistungsgruppen fehlt seit Beginn der Reformdiskussionen eine Auswirkungsanalyse des Bundesministers, um die Umsetzbarkeit und Versorgungssicherheit in allen Regionen beurteilen zu können. Die Leistungsgruppen mit ihrem detaillierten Regelungsrahmen führen zu einem weiteren unverhältnismäßigen Bürokratieaufwuchs, ohne dass gleichgerichtete Regelungen entfallen würden. Der Medizinische Dienst erhält weitere Prüfbefugnisse und bestimmt damit ohne externe Kontrollinstanz die Krankenhauspläne der Zukunft.
Der zugesagte Bürokratieabbau findet nicht statt; im Gegenteil: die Dokumentations-, Melde- und Prüfbürokratie steigt über alle Maßen an. Dies führt die Krankenhäuser endgültig in den Bürokratieinfarkt.
Die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser ist schlecht; die Finanzierungslücke aus den inflationsstarken Jahren 2022 und 2023 wurde nicht geschlossen. Viele Krankenhäuser befinden sich deshalb in wirtschaftlicher Not. Laut einer aktuellen Erhebung des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) vom Mai dieses Jahres bewerteten 61 % der Allgemeinkrankenhäuser ihre wirtschaftliche Situation als schlecht (40 %) oder sehr schlecht (21 %). Nur 7 % betrachteten ihre Situation als gut. Für die Zukunft verbessert sich zwar die Refinanzierung der Personalkosten; das Defizit aus der Vergangenheit bleibt jedoch bestehen und belastet die Krankenhäuser weiterhin. Die Problematik der unzureichenden Investitionsfinanzierung bleibt ungelöst. Jörn Wessel, 1. Vorsitzender der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft: „Es ist völlig unverständlich, dass uns Krankenhäusern noch nicht einmal die vom Statistischen Bundesamt für 2024 berechnete Kostensteigerung in Höhe von 6,95 % zugestanden wird. Die Unterfinanzierung ist offenkundig, gefährdet die Versorgung und der Bundesminister tut nichts.“
Gegen den Fachkräftemangel scheint es bundespolitisch die erklärte Strategie zu sein, den Mangel verwalten und das Personal auf wenige Krankenhausstandorte konzentrieren zu wollen. „Wir warten seit mehreren Jahren auf das angekündigte Gesetz für eine bundeseinheitliche Pflegeassistenz. Auch hier: Stillstand!“ kritisiert Wessel, „Immer mehr hochqualifizierte Fachkräfte versammeln sich patientenfern, beim Medizinischen Dienst oder sind weite Teile ihrer Arbeitszeit mit Dokumentation und Bürokratie gebunden.“. Die Hamburgische Krankenhausgesellschaft fordert daher neben dem überfälligen Bürokratieabbau eine schnelle Umsetzung bundeseinheitlicher Regelungen für den Pflegeassistenzberuf als Teil einer Fachkräftestrategie. Wessel weiter: „Wir brauchen einen Pflegeassistenzberuf mit einjähriger Ausbildung, der mit der generalistischen Pflegeausbildung modular ineinandergreift.“.
Für die Einführung der Leistungsgruppen liegt nach wie vor keine Auswirkungsanalyse des Bundesministers vor. Vor einer bundesweiten Einführung ist es unbedingt erforderlich, die Auswirkungen auf die Versorgung zu beurteilen. Eine regionale Nachsteuerung muss möglich sein. Die Hamburgische Krankenhausgesellschaft lehnt die mit den Leistungsgruppen verknüpften Mindestvorhaltezahlen als strukturpolitisch motivierten Eingriff ab. Wessel: „Wir begrüßen jedwede Maßnahme, die die medizinische Qualität und damit das Outcome unserer Patienten weiter verbessert. Mindestmengen sind dann sinnvoll, wenn damit nachweislich ein Qualitätsvorteil verbunden ist. Berechnete Mindestvorhaltezahlen je Leistungsgruppe sind nicht das geeignete Mittel und werden die Versorgung möglichweise in verschiedenen Bereichen sogar schlechter machen.“, so Wessel weiter.
Die Vorhaltevergütung ist ungeeignet, bedarfsnotwendige Vorhaltung in Bereichen mit schwankender Belegung, wie Notaufnahmen, Kreisssälen, Intensivstationen und Pädiatrien, zu finanzieren. Sie erhöht die Komplexität des Systems erheblich, hat leistungsfeindliche Anreize und trägt so zu Wartelisten und Rationierung bei. Die Vorhaltefinanzierung braucht einen kompletten Neustart und darf so nicht umgesetzt werden.
Das Ziel der Entbürokratisierung wird komplett verfehlt! Sowohl durch die Einführung der Leistungsgruppen, als auch im Finanzierungsbereich wird erhebliche zusätzliche Bürokratie aufgebaut; bleiben doch das existierende DRG-System und das Pflegebudget vollumfänglich erhalten und werden um die neuen komplizierten Vorhaltepauschalen erweitert. Für die Prüfung der Qualitätskriterien der Leistungsgruppen wird eine erhebliche zusätzliche Bürokratie aufgebaut. Gleichartige Regelungen, die Vorgaben zur Strukturqualität enthalten, bspw. in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses und den OPS-Komplexcodes, bestehen fort. Der Medizinische Dienst wird weitere Kapazitäten zur Prüfung der Qualitätskriterien der Leistungsgruppen aufbauen. Mit seinen weitgehenden Befugnissen und der im System fehlenden Überprüfung seiner Prüfungsergebnisse übernimmt der Medizinische Dienst faktisch die Krankenhausplanung von den Ländern.
Es kann nicht das Ziel dieser Krankenhausreform sein, dass das Gesundheitssystem sich nur noch selbst verwaltet und für die Patientinnen und Patienten keine Zeit mehr bleibt. Die Krankenhausreform muss noch erheblich nachgebessert werden!