Zu viele Prüfanlässe und zu viele Prüfungen säen Zwietracht
Die Zusammenarbeit zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern ist durch die konfliktbeladenen Abrechnungsprüfungen zerrüttet und von Misstrauen geprägt. Die Prüfquote für Einzelfälle musste vom Gesetzgeber bereits auf 12,5 % beschränkt werden. In der Pandemie wurde die Prüfquote - leider nur vorübergehend - auf 5 % reduziert, um den Krankenhäusern Bürokratie zu ersparen. Für die Strukturprüfungen durch den Medizinischen Dienst musste eine Rechtgrundlage erst geschaffen werden, hinzu kommen zusätzlich Qualitätskontrollen von Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses.
Krankenkassen sind bei strittigen Abrechnungen in der vorteilhaften Situation, Erlöse der Krankenkassen einfach einbehalten zu können oder mit neuen Rechnungen zu verrechnen, so dass das Krankenhaus in Nachteil gerät und fehlende Erlöse erst über Jahre hinweg einklagen muss. Je nach wirtschaftlicher Lage ist ein Krankenhaus aufgrund fehlender Liquidität erpressbar, was die Erledigung offener Fälle im Sinne der Krankenkassen, aber nicht im Sinne des Krankenhauses befördert.
Der Handlungsbedarf liegt auf der Hand
Komplexe Abrechnungsregeln und Strukturvorgaben führen zu Unübersichtlichkeit und Bürokratie im System und bieten Krankenkassen zahllose Prüfanlässe.
In den Krankenhäusern muss daher aus Gründen der Erlössicherung viel zu viel dokumentiert werden, was zu beträchtlichen zusätzlichen Kosten führt und das Personal von den Patienten fernhält.
Mit Transparenz, Klarheit und einer radikalen Vereinfachung der Vergütungsbestimmungen könnten auf einen Schlag 40 Prozent der Arbeitszeit von Ärzten und 33 Prozent von Pflegekräften wieder den Patienten zur Verfügung stehen.
Die Prüfungen des Medizinischen Dienstes müssen quantitativ reduziert und zielgerichteter eingesetzt werden. Die vorübergehende Beschränkung in der Corona-Pandemie hat gezeigt, dass ein Weniger an Abrechnungsprüfung nicht zu Qualitätsverlusten führt und zu einem spürbaren Bürokratieabbau führen kann. Die Prüfungen müssen zudem transparenter werden und sich an einheitlichen Standards orientieren.
Es muss weiter darauf hingewirkt werden, dass der Medizinische Dienst nicht mit Begutachtungen beauftragt wird, deren Ergebnisse vor allem Sparziele durchsetzen sollen. Von einer Neutralität des MD kann weiterhin in keiner Weise gesprochen werden. Die Instrumentalisierung des MD durch die Krankenkassen um einen Vorteil im Wettbewerb um den geringsten Zusatzbeitrag muss beendet werden.
Das Verhältnis der Kostenträger zu den Krankenhäusern sollte wieder stärker von Vertrauen, Gestaltungsfreiheit und Flexibilität geprägt sein. Dadurch könnten ausufernde Kontrollen und Sanktionen abgebaut werden. Die Misstrauenskultur muss ein Ende haben.
Bei einer Reform des Finanzierungssystems muss dringend auf deutlich vereinfachte Abrechnungsregeln und möglichst automatisierbare Prüfroutinen geachtet werden. Eine versachlichte Abrechnungsprüfung könnte mit abgestimmten und neutral akkreditierten Prüfalgorithmen stattfinden, an die beide Seiten gebunden sind. Dadurch könnten sowohl Medizinischer Dienst als auch Medizincontrolling weitestgehend überflüssig werden und Bürokratie spürbar verringert werden.